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30.12.2016 Jerusalem

  • Reysen

Ein Reysender will Weile haben. Trotz Reservierung für 9 Nächte war natürlich kein Zimmer mehr frei, weshalb mir ein Sechsbettzimmer zugeteilt wurde – Doppelbett für die (verheirateten) Eltern und 4 Einzelbetten für die Kinder. Nichtverheiratete Paare sind ebensowenig erlaubt wie Alkohol im Zimmer. Wie öde, da hätte es eine der schönsten Dachterrassen weltweit – und nicht mal ein Bierchen darf man da trinken. Andererseits: ich will mir gar nicht vorstellen wie es in dieser Stadt aussehen würde, wenn alle sich auch nur schon am Wochenende besaufen würden…

Am Tag meiner Ankunft in Jerusalem ist es Freitag. Vorsichtshalber fahre ich schon vor Mittag los, auch wenn mir die „Trennung“ von Tel Aviv schwer fällt. Die Stadt ist fantastisch und lädt zum Verweilen ein. Aber ich will vor Schabbat-Beginn in der heiligen Stadt sein, denn danach fahren weder offizielle Busse noch Züge – bis Samstagabend. Mit der modernen Tram erreiche ich nach gut einer Viertelstunde das Damaskustor – Zugang zur Altstadt und zu meinem Hotel, das inmitten des muslimischen Viertels im Herzen ebendieser liegt.

Das Damaskustor – einer der wichtigsten Zugänge zur Altstadt – ist allerdings kaum ein Tor, sondern eine Art Schleuse. Es gibt keinen direkten Durchgang, sondern noch „im“ Tor teilt sich der Weg in zwei Teile – einer 90 Grad nach rechts, der andere nach links. Geradeaus liegt eines von vielen Geschäften, die hier beim besten Willen keinen Platz haben: gefühlt Millionen Menschen drängen sich durch die Engpässe – leider in die entgegengesetzte Richtung von mir. Nach rechts ist kein Durchkommen, nach links gelingt mir der Durchbruch. Die Menschenmassen sind allerdings erschreckend und mitten im Menschenstrom weitere Händler – und natürlich Kunden, die sich dem Gedränge entgegenstellen und es dadurch noch schlimmer machen.

Der jüdische Taxifahrer, der mich zum Busbahnhof in Tel Aviv gefahren hatte (ohne Hebräisch-Kenntnisse ist Busfahren ein weiteres Abenteuer für sich) hatte mir die Menschen in Israel wie folgt beschrieben: jeder tut, was er will – und wenn einer mitten auf der Strasse mit seinem Freund quatschen will, den er am Strassenrand erblickt hat, dann wird er das auch tun. Und alle anderen werden hupen, was ihn nicht im Geringsten kümmert. Dies scheint auch für Araber in Jerusalem zu gelten – was das Vorankommen in den schmalen Gassen fast unmöglich macht.

Nach vielleicht 50 Metern bessert sich die Lage für kurze Zeit, der Weg verzweigt sich. Ich muss nach rechts – und halte kurz inne. Da komme ich schlicht nicht durch. Eine schmale Gasse, links und rechts Geschäfte, darüber ein Dach (das, wie ich bald bekümmert feststelle das GPS-Signal blockiert) – und ich mit einer weniger als ungenauen Wegbeschreibung zum Hotel. Nach einigen Minuten scheint das grösste Gedränge zum Glück hinter mir zu liegen und wie aus heiterem Himmel taucht ein Schild auf mit dem Namen meines Hotels. Das gemäss Karte an einem anderen Ort liegen müsste, aber wer achtet sich schon auf solche Details.

Die sicherlich streng gläubige Muslima an der Reception spricht perfekt englisch. Nach kurzen Formalitäten und der Auskunft, dass das Zimmer erst später bereit sei, mache ich mich auf den Weg aufs Dach und die Aussicht ist fantastisch. Fast noch besser gefällt mir die Aussicht vom zweiten Stock, die mich dazu ermuntert, diese faszinierende Stadt gleich genauer erkunden zu gehen.

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