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Verbotene Bücher

Der Flug ist kurz und verläuft ruhig. Kurz vor der Landung dann die grosse Aufregung. Ich schaue aus dem Fenster und erschrecke zu Tode: der Flug dauert nur noch wenige Sekunden – und die Piste liegt neben uns. Die kann noch so lange sein, wir werden sie auf jeden Fall verpassen. Um wirklich in Panik zu verfallen ist die Zeit aber zu kurz und schon setzen wir sanft und sicher auf. Nicht auf einem Feld, sondern auf dem internationalen Flughafen von Pyongyang, der über zwei versetzte Pisten verfügt. Da wo die Eine endet, beginnt die Zweite nur leicht verschoben zueinander.

Die Passkontrolle verläuft ereignisarm, die Visa wurden schon in China kontrolliert und es ist nur noch eine Formsache. Nach der Passkontrolle folgt dann aber das Chaos. Sichtlich unter Druck stehende Beamte durchsuchen das Gepäck, fragen mit besonderem Nachdruck, ob man Bücher dabeihabe. Ich verneine und mein Gepäck wird auch nur oberflächlich durchsucht.

Ich habe tatsächlich am Flughafen in Zürich noch ein Buch über einen nordkoreanischen Dissidenten gekauft. Das hätte wohl für viel Aufregung gesorgt. Aber dieses Buch existiert längst nicht mehr, jede Seite habe ich sofort nach dem Lesen herausgetrennt und entsorgt. Und dabei bin ich vorsichtig genug gewesen, so dass ich sicher sein kann, dass keine Seite vergessen gegangen ist.

Beim Ausgang warten unsere Guides auf uns. Ein Jüngerer und ein Älterer, der noch in der DDR Deutsch gelernt hat und es ausgezeichnet spricht. Beide wirken sympathisch. Auf der Fahrt in die Stadt fahren wir auf einer sehr schlechten Strasse an tristen Feldern vorbei und erreichen schliesslich das Hotel Koryo gleich beim Hauptbahnhof. Wir beziehen unsere Zimmer, die durchaus einen gewissen, wenn auch vergangenen, Luxus ausstrahlen. In den 80er Jahren war das mal ein Tophotel. Besonders bewundere ich die antike Radioanlage – ob das wirklich nur ein Radio oder nicht doch eine besonders fiese Überwachungsanlage ist?

Ich werfe meinen Rucksack auf das Bett und packe einige Dinge aus. Da halte ich ein Buch in Händen. Ups. Hätte ich angeben müssen. Hatte ich vergessen. Zwar nur ein Reiseführer zu China, aber unter Umständen problematisch, da er negative Berichte über Nordkorea enthalten könnte und damit verboten wäre. Rasch verstecke ich ihn zuunterst im Gepäck und mache mich bereit für den ersten Abend: Saufen im Pub!

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