Zum Inhalt springen

Im Heiligtum

Wir müssen früh aufstehen. Nach dem Absturz gestern Abend. Und zugleich voll fit sein. Denn heute gehts zum absoluten Heiligtum in Nordkorea, zu den Sarkophagen von Kim Il Sung und Kim Jong Il. Wir werden angetrieben, schnell zu machen, eine Verspätung liegt nicht drin.

Nachdem wir uns in unsere beste Schale geworfen haben (was auf Reisen gar nicht immer einfach ist) besteigen wir einen Bus und nach einer kurzen Fahrt erreichen wir ein Gebäude, wo schon andere Touristen warten. Es sind wohl alle Touristen anwesend, die zurzeit in Nordkorea verweilen. Und wir alle warten. Und warten. Wozu die Hetzerei?

Nach einer guten halben Stunde werden wir zum. nächsten Gebäude gebracht. Dort hat es eine riesige Garderobe und wir waren schon instruiert worden, dass wir nichts, aber auch absolut nichts in unseren Taschen mitführen dürften, ausser vielleicht ein Taschentuch, um mögliche Tränen abzuwischen. Die Kontrolle ist denn auch sehr genau, der Vordermann wird gerügt, weil er einen Ersatzknopf in der Tasche hat, ich ärgere mich ein wenig, wie dumm man sein kann und werde dann gerügt, weil ich einen eingenähten (!) Ersatzknopf nicht entfernt habe. Aber ich werde durchgelassen.

Wir müssen ein ebenerdiges Laufband betreten, das uns unendlich langsam voranbringt. Ab und an werden wir von Funktionären überholt – die entspannt neben dem Laufband hergehen. Nach einer gefühlten halben Stunde gehts auf das nächste Laufband, das sich im 90 Grad Winkel zum ersten befindet. Immerhin gibt es jetzt etwas zu bestaunen: links Bilder von Kim Il Sung, rechts Bilder von Kim Jong Il – oder umgekehrt. Nach einer weiteren Ewigkeiten geht es dann weiter durch ein Treppenhaus in den ersten Stock.

Wir müssen uns in Zweierreihen aufstellen und werden ins erste Heiligtum geführt: dort liegt der einbalsamierte Leichnam von Kim Il Sung. Wir müssen uns auf den Seiten und am Kopf kurz verneigen und werden dann zum nächsten Raum gebracht, wo alle Ehrenabzeichen und Doktorwürden ausgestellt sind – eine doch eher wenig aufregende Ausstellung. Zum Glück sind unsere Guides einsichtig und wir gehen schnell weiter in einen nächsten Raum, wo Utensilien von Kim Il Sung ausgestellt sind und beispielsweise eine Wandkarte mit allen seinen Auslandsreisen eingezeichnet.

Danach geht es einen Stock runter zu Kim Jong Il, wo das gleiche Spiel wiederholt wird. Doch der Raum mit seinen Utensilien ist eindrucksvoller. Es ist sein Mercedes ausgestellt, seine Yacht, sein Zug inkl. seinem Arbeitszimmer mit einem Macbook und vielem mehr. Kim Jong Il hatte schreckliche Flugangst. So ist seine Wandkarte mit den Auslandsreisen auch weniger eindrücklich.

Nach dieser Besichtigung geht es wieder nach draussen. Wieder fahren wir mit den Laufbändern, doch die Fahrt erscheint nun deutlich kürzer. Vermutlich ein rein psychologischer Effekt. Aber die Inszenierung war eindrücklich: mit Verspätung, Durchsuchen, langsamem Laufband etc. sollte wohl schlicht gezeigt werden, wie klein und unwichtig wir sind. Im Inszenieren sind sie gut in Nordkorea. Das werden wir auch später wieder sehen.

Schlagwörter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert