Diese Stadt hat gebrannt. Nicht metaphorisch, sondern wirklich. 1962 entzündete sich unter der Ortschaft Kohle und machte die Gegend unbewohnbar. Giftige Dämpfe stiegen auf, der Ort wurde evakuiert. Heute leben vermutlich noch 5 Leute im Ort, die einzigen Häuser. Das Faszinierende oder auch Tragische an Centralia heute ist, dass das Dorf eliminiert ist. Erst 1993 wurde es zwangsgeräumt – und heute sieht man zwar noch Strassen, aber keine Gebäude mehr. Keine Ruinen, keine Grundmauern, nichts. Als ob es den Ort nie gegeben hätte. Das einzige, was noch daran erinnert sind die rechtwinklig angeordneten Strassen, die ohne Ortschaft keinen Sinn ergeben.
Ich fahre kreuz und quer durch die vorhandenen Strassen. Nichts. Gut. Es gibt einen Friedhof. Und noch einen. Die erwähnten noch bewohnten Häuser. Eine Railroad avenue erinnert daran, dass der Ort einst durch mehrere Zuglinien mit der Aussenwelt verbunden war. Und es gibt noch ein Municipal Building mit Feuerwehrautos und einer Polizeistation. Aber das war eine grosse Ortschaft. Mit Highschool. Sieben Kirchen, fünf Hotels, zwei Theater, 27 Saloons, einer Bank, 14 Ladengeschäften. 2000 Einwohner. Sagt Wikipedia. Davon ist nichts mehr zu sehen. Nichts. Nada. Unwirklich. Keine Ruinen. Unfassbar. Nichts.
Heute führt eigentlich nur noch ein Highway mitten durch den Ort. Und dort, wo die Centre Street war, kreuzt sich dieser mit einem anderen Highway. Dieser Highway war bis vor wenigen Jahren die Hauptattraktion des Orts. Respektive der alte Highway. Dieser führte direkt durch die Brandzone und musste regelmässig ausgebessert werden. Irgendwann entschied man sich, eine Umfahrung zu bauen. Das ungenutzte Stück wurde allerdings weiter genutzt – schnell fanden sich Menschen, die ihn mit Graffitis verschönerten. Angeblich während Covid soll dies so ausgeartet sein, dass der nicht mehr für den Strassenverkehr genutzte Abschnitt zugeschüttet wurde. Mir wird gesagt, dass zu viele Parties stattgefunden haben sollen, dass der ungenutzte Strassenabschnitt zu stark genutzt worden sei. Ein anderer Mann, dem ich begegne, beklagt sich, dass es doch schade sei, dass die Strasse zugeschüttet worden sei.
Betrachtet man die Strasse heute, hat es etwas von einem Kunstwerk. Zum einen die Graffitis, die weiterhin zu sehen sind, zum anderen wohl Hunderte Dreckhaufen, die irgendjemand aufgeschüttet haben muss. Unwirklich. Es hätte wohl ein Wall genügt an den beiden Enden der Strasse, aber der Schutt wurde wohl über die ganze Strasse entleert. Irgendwie absurd.
Etwas enttäuscht bin ich aber doch. Ich habe zwar nach dem Besuch etwas Kopfweh, glaube aber nicht an eine kausale Folge. Nirgends habe ich ein Räuchlein aufsteigen sehen, kein Feuer, nichts. Das ist allerdings nicht weiter erstaunlich – seit bald 10 Jahren gibt es keine sichtbaren Anzeichen von Bränden mehr.
Aber das Kohleflöz unterhalb der Stadt brennt weiter – und soll noch locker für 100 weitere Jahre brennen. Oder etwas länger.