Butler lag am Weg. Aber aufmerksamen Zeitgenossen ist der Name ein Begriff. Hier wurde Donald Trump vor wenigen Tagen angeschossen. Es ist nur ein kleiner Umweg von wenigen Kilometern und ich stehe auf dem besagten Gelände. Und staune. Wenn meine Recherchen stimmen, muss Trump in etwa beim weissen Auto gestanden – und der Attentäter auf dem ersten der dahinter zu sehenden Gebäude gelegen haben. Gut, ein Schrägdach, aber hinter Trump standen die drei hier sichtbaren Gebäude – und darauf sollen Scharfschützen gestanden haben. Und ernsthaft, keine Drohnen, um den Ort zu sichern? Quasi Luftüberwachung?
Mir wird die Absurdität des Ganzen erst bewusst als ich mich vor Ort befinde. Und mir fällt eine einfache Erklärung ein, um zu verstehen wie das geschehen konnte: Dreistigkeit.
Eine Veranstaltung wie diese gilt als besonders gut abgesichert. Ein Anschlag hat eh keine Chance. Vermutlich baut ein grosser Teil des Sicherheitsdispositivs genau darauf auf. Es lohnt sich nicht, es zu versuchen. Und der Attentäter ging derart dreist vor, dass es regelrecht an Biedermann und die Brandstifter erinnert.
Der junge Mann soll wenige Stunden vor dem Attentat das Gelände mit einer Drohne ausgekundschaftet haben. Hätte auffallen müssen, hätte zumindest Fragen aufwerfen müssen. Aber Drohnen fliegen heute überall, warum sich darum kümmern? Ein Attentäter wäre doch nicht so doof, den Ort so kurz vor dem Anschlag mit einer Drohne auszukundschaften!
Dann soll der Attentäter vom Sicherheitsdienst bereits beobachtet worden sein, weil er sich verdächtig benommen haben soll. Man habe ihn dann aber wieder aus den Augen verloren. Normalerweise genügt das wohl, um einen möglichen Attentäter zu vertreiben. Ein wahrer Profi wäre kaum verdächtigt worden, ein Banause hätte sich davon abschrecken lassen. Aber der Typ war dreist. Er machte einfach weiter.
Stieg auf ein Dach mit direktem Sichtkontakt zu Trump. Das ungesichert war. Und das zu einem angrenzenden Industrieareal gehörte, weshalb ihn da wohl niemand beobachtet hat. Der Festanlass war vorne, er kam von hinten. Das Gelände ist nicht gesichert, es darf wohl offiziell nicht betreten werden, aber das hat ihn natürlich nicht gekümmert.
Wie auch immer, Trump wurde nur angeschossen und konnte kurzfristig vom Attentat profitieren. Er galt nun als der gesicherte Wahlsieger. Weniger als 2 Wochen später ist das Attentat aber nur noch im Hintergrund und heisst die neue Schlagzeile: Biden tritt nicht mehr an, Kamala Harris for President. Spannend ist es auf jeden Fall.
Nur wenige Kilometer vom Attentat bin ich zum einzigen Mal auf dieses Plakat gestossen. Zweimal. Bei zwei Nachbarn. Vorher in ganz Pennsylvania nicht ein einziges Mal. Zumindest hier gibt es zwar einige Pro Trump Plakate, aber Begeisterung – insbesondere nach einem verunglückten Attentat – sieht anders aus.
Unmittelbar nach dem Vorfall sagte ich zu meiner Frau: „Jetzt ist gelaufen. Er wird Präsident.“
Man muss Trumps taktische Intuition, die symbolträchtige Situation auszunutzen, lobend erwähnen. Dass er diesen Trumpf (!) aber – wie zu erwarten gewesen wäre – nicht spielt, ist mir ein Rätsel. Anscheinend geht er vorsichtig vor und beschränkte sich bisher auf Understatements wie „I took a bullet for democracy“ 🤣
Ja, es ist in der Tat ein „wild summer“, wie eine amerikanische Zeitung schrieb. Ohne den Rückzug Bidens und die quasi sichere Nominierung Harris‘ würde ich mit meinem Kommentar an meine Frau wohl Recht behalten.