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Tag 10 Trails

Es ist heiss. So starte ich möglichst früh, wobei das möglichst etwas hinausgezögert wird durch morgendliche Trägheit. Ich komme aber gut voran, was nicht zuletzt daran liegt, dass es heute kaum rauf und runter geht – und ich nach ein paar Kilometern in den Ohio-to-Erie Trail einbiege, auf dem ich schon einige Kilometer gefahren bin. Das war fantastisch – und ist es auch dieses Mal. Fast der ganze Weg ins 150 Kilometer weit entfernte Columbus führt entlang einer oder mehrerer ehemaliger Zuglinien und ist perfekt gepflastert.

Zusätzlich gibt es entlang der Route alle paar Kilometer Bänke, Toiletten, etwas seltener Wasserspender, es gibt Hinweisschilder, die die Entfernung zu den nächsten Raststätten angeben, perfekt organisiert. Es ist Sonntag und der Weg ist recht gut besucht, Spaziergänger, Velofahrer. Und ab und zu eine Amish-Familie auf E Bikes…

Schliesslich erreiche ich Columbus und check in einem etwas zu noblen Hotel ein, das ein super Schnäppchen Angebot hat. Es ist immer noch ein gutes Angebot als ich dann noch 20 Dollar „Resort Fee“ dazu bezahlen muss. Ich frage, was es damit auf sich habe? Dafür würde ich für 10 Dollar „gratis“ an der Bar Essen und nichtalkoholische Drinks beziehen können. Ich bin nicht so wirklich ein Fan dieses Deals…

Es war wohl meine längste Velofahrt ever (ich erinnere mich als Jugendlicher mal 140 Kilometer gemacht zu haben, mein Vater hatte gelitten) und doch mache ich mich nochmals auf den Weg. Das Hotel ist sehr zentral gelegen und so sind es nur ein paar Minuten bis an den Fluss. Auf dem Weg dahin hupt plötzlich ein Auto „wie blöd“. Was mache ich falsch? Dann sehe ich die Flagge. Und weitere Flaggen am Strassenrand.

In Venezuela sind Wahlen. Und die Exil-Community feiert das entsprechend. Was mich wiederum erstaunt, denn ob es was zu feiern gibt als andere als klar. Seit Hugo Chavez Ende der 90er Jahre die Macht übernommen und den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ ausgerufen hat ist das Land zum Armenhaus Südamerikas verkommen. Auf den ersten Blick waren die ersten Jahre noch gut. Chavez hatte die Gelder vor allem aus der Ölindustrie an die Armen verteilt (und wohl nicht wenig davon für sich selbst abgezweigt) und seine Leute in lukrative Posten gehievt. Da der Ölpreis hoch war, ging das eine Zeit lang gut, spannenderweise ziemlich genau bis zu seinem Tod.

Danach übernahm Nicolas Maduro die Macht und ruinierte das Land vollständig. Ein Grossteil der Venezolaner ist inzwischen ausgewandert – was zu neuen Problemen in den umliegenden Ländern geführt hat, bis hin nach dem eigentlich weit entfernten Chile, wo die Venezolaner inzwischen sehr unbeliebt sind. Allerdings sind diese oft gezwungen die Jobs anzunehmen, die Einheimische nie tun würden.

Maduro konnte sich mit vielen Tricks an der Macht halten. Doch diesen Sonntag sind Wahlen und zum ersten Mal soll die Opposition eine Chance haben. Ich bin gespannt auf den Ausgang der Wahlen – die Wahllokale sind inzwischen geschlossen, das Resultat aber noch nicht bekannt. Dass Maduro verliert und die Macht abgibt scheint allerdings undenkbar.

Nicht nur die Venezolaner feiern, auch vom gegenüberliegenden Flussufer locken Klänge von Musik. Ein Afro-Fest. Es wird vor allem live Reaggae gespielt und es gibt authentic African food. Ich entscheide mich für Fufu mit Goat und irgendwas dazu, das sehr gut schmeckt. Der Hyazinthtee ist etwas süss, dafür sehr gut gewürzt, sicherlich ein kulinarisches Highlight der vergangenen Tage. Und so geht auch dieser Tag zu Ende.

Morgen soll es regnen. Der erste Regentag. Mal schauen. Von den Distanzen her (übermorgen möchte ich unbedingt in Cincinnati sein) gibt es fast nur eine Übernachtungsmöglichkeit und da gibt es noch genau ein Zimmer. Buchen oder spekulieren? Meist spekuliere ich und muss dann noch 20 Kilometer weiter fahren. Vielleicht wäre buchen die bessere Option…

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