Ich sitze im Hotelzimmer und schaue wieder mal fern. Dazu komme ich bisher kaum – und es ist das erste Motel seit Ewigkeiten, das über kein Wifi verfügt. Ich hatte schon geglaubt, dass alle Hotels in meiner geplanten Destination ausgebucht seien (OK, ich dachte, es gebe nur eines), eine kurze Google Suche ergab dann aber, dass es noch ein zweites gibt. Günstig, sauber. Und wie ich erst beim Einchecken merke ohne Wifi.
Was für ein Kontrast zu letzter Nacht. Da hatte ich mir ein erstaunliches Schnäppchen gesichert. Loft mit Kingsize Bett, nobel. Und ich war dann erstaunt, als es plötzlich deutlich teurer war. „Resort fee“ nennt sich das. Der Zimmerpreis ist günstig und direkt vor der Zahlung wird dann noch ein „Fee“ hinzugefügt.
Naiv wie ich manchmal bin frage ich den Receptionisten, wozu dieser „Fee“ sei. Er meint, ich könnte damit für 10 Dollars im Restaurant was bestellen. Das hatte ich gewusst. War ja ein Grund, dass ich mich über das Schnäppchen freute. Tolles Zimmer, günstig – und wenn ich im Restaurant konsumiere, kriege ich noch 10 Dollars „zurück“. Und das Hotel kann das Restaurant besser auslasten und weil man dann ja nicht nur 10 Dollars ausgibt, lohnt sich das für alle.
Seltsam ist nun einfach, dass diese 10 Dollars, die gross beworben wurden, mit diesem Fee von 20 Dollars selber bezahlt werden sollen. Obligatorisch. Ich kriege 10 Dollars – wenn ich im Restaurant konsumiere – zahle dafür aber 20 Dollars. Auch wenn ich nichts konsumiere. Der einzige weitere Grund für den „Fee“, der mir genannt wurde war, dass ich irgendwelche „Punkte“ sammeln könne. Absurd.
Vielleicht aus Prinzipienreiterei, vielleicht aus Neugierde gehe ich dann tatsächlich noch ins Restaurant. Und poche auf meine 10 Dollars. Ich bestelle ein Bier – Alkohol natürlich ausgeschlossen. Egal. Dann halt noch ein paar Chips mit Dip. Die äusserst schön präsentiert werden und fantastisch schmecken. Für 10 Dollars. Also gratis.
Etwas später verlange ich die Rechnung und darauf ist nichts von einem 10 Dollars Rabatt zu lesen. Ich interveniere und die Serviceperson holt den Manager. Ich werde darauf hingewiesen, dass der Rabatt nur gewährt wird, wenn die Rechnung „aufs Zimmer“ gehe. Natürlich, geht in Ordnung, warum wurde das nicht von Anfang an so gemacht?
Ich erhalte die Quittung zum Unterschreiben und natürlich wird noch ein „Tip“ erwartet. Ich notiere einen angemessenen Betrag und mache einen Denkfehler: Der „Total amount“ ist jetzt natürlich 10 Dollars zu hoch, denn der Rabatt soll dann erst bei Abreise abgezogen werden. Und dazu bin ich irgendwie nicht bereit. Ich unterzeichne zwar die Quittung, aber ohne „Tip“. Es wirkt schliesslich so als ob mir der Rabatt verweigert werde. Ich zahle 20 Dollars und muss dann darum kämpfen, dass mir die 10 Dollars, die mir dafür zustehen auch angerechnet werden…
Ich betone allerdings, dass das Essen fantastisch war, der Service voll OK und ich natürlich gerne einen „Tip“ bezahle – halt in bar. Was ich auch tue (OK, er war dann etwas mickrig, da „Tips“ in den USA gewaltig sind, was mich regelmässig überfordert).
Die Stimmung ist inzwischen etwas unterkühlt und in dem Moment will ich die Lage beruhigen und sage: „I won’t write a bad review, don’t worry!“. Ich bin zwar nicht zufrieden, aber wirklich schlimm ist das Ganze ja nicht und ich meine absolut, was ich sage. Das Wort „review“ löst aber eine für mich überraschende Wendung aus: Die Managerin meint plötzlich, ich müsse mir keine Sorgen machen, die gesamte (!) Rechnung werde storniert, ich müsse nichts bezahlen.
Das ist mir nun auch wieder nicht recht, aber am nächsten Morgen geht der Checkout sehr schnell, die zuständige Person ist ziemlich unfreundlich und scheint mich möglichst rasch loswerden zu wollen, was wohl seine Gründe hat… Aber in der Tat gibt es keine offene Rechnung.
Am Abend recherchiere ich kurz den „resort fee“. Ein solcher ist in den USA durchaus üblich und wird angeblich für Wifi (noch nachvollziehbar) und andere „Annehmlichkeiten“ verrechnet. Zum Beispiel Room Service. Den es in diesem Hotel nicht gibt. Oder Benutzung des Pools. Den es in diesem Hotel nicht gibt. Oder die Benutzung des Fitness Centers. Was gemäss Kommentaren von anderen Gästen zusätzlich bezahlt werden muss. Sorry, das ist einfach eine Verarschung.
Und doch. Vermutlich habe ich etwas überreagiert. Ja, es ist doof und unfair, aber halt auch üblich hier. Allerdings gibt es auch verschiedene hängige Klagen gegen diese Praxis und ist die Politik dran, dagegen etwas zu unternehmen. Die Praktik hat aber für Hotels zu viele Vorteile, so dass der Gesetzgebungsprozess sehr, sehr langsam läuft…
Mir geht diese Geschichte noch ein paar Stunden nach beim Velofahren, der Tag ist auch eher ereignisarm. Super, fast schon perfekter Railtrail, ich komme schnell voran, Regen ist angesagt, es regnet auch, aber ausser zwei Minuten Nieselregen nie da, wo ich gerade bin.
Es gibt verschiedene kleine Unterstände mit Tischen entlang des Wegs. Gerne sitze ich mich jeweils ein paar Minuten hin und mache Pause. Manche sind besetzt, dann fahre ich weiter. In einem Unterstand sind ein Mann mit seinem Sohn. Sie scheinen hier zu zelten. Irgendwas ist komisch. Nachdem ich vorbeigefahren bin kommt mir die Idee, dass sie seit kurzem obdachlos sein könnten und das ihre zumindest temporäre Behausung. Traurig. Auch andere Obdachlose sehe ich entlang der Strecke, allerdings zum Glück nur sehr wenige. Gegen ein solches Schicksal ist mein „Kampf“ gegen eine doofe Gebühr schon irgendwie lächerlich…