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Tag 21 Meeting Kamala

Was viele wohl noch nicht wissen und bis heute auch keinen interessiert hat: ich bin mit Kamala auf Du und Du. Kennengelernt habe ich sie als Austauschschüler 1991 in Kalifornien. Wo wir beide noch relativ unbekannt und unbedeutend gewesen sind. Und als ich in Detroit bin sehe ich im Fernsehen, dass sie eine Rallye in der Stadt veranstaltet. Ich greife natürlich schnell zum Telefon und rufe sie an, wir haben uns lange nicht mehr gesehen und wenn wir schon mal zufällig in der gleichen Stadt sind…

Kamala wirkt ein wenig gestresst, aber natürlich kann sie Reyman ein kurzes Treffen nicht versagen. Wir treffen uns incognito in einem Coney Island im Zentrum, um zusammen einen schnellen Hotdog zu verspeisen. Ich muss schliesslich weiter und sie scheint auch nicht allzu viel Zeit zu haben. Mir ist es letztlich vor allem wichtig, dass ich ihr mein Konzept zum Weltfrieden erläutern kann. Das ist zum Glück nicht allzu kompliziert und jetzt, wo sie Präsidentin der Vereinigten Staaten werden will ist sie sicherlich daran interessiert.

Die Begrüssung ist sehr herzlich und ich glaube wir freuen uns beide ehrlich, uns endlich mal wiederzusehen. Wir unterhalten uns doch eine knappe halbe Stunde, lachen viel und essen je zwei Coneys. Dann taucht auch Tim noch auf und ich muss sagen, ich habe ihn gleich ins Herz geschlossen. Einfach ein guter Typ. Umgänglich, sympathisch, auch wenn auch er etwas gestresst wirkt. Und in der Tat müssen beide gleich weiter zur Rallye, da habe ich natürlich Verständnis für. Wollen die Leute ja nicht warten lassen und sollte sie die Wahl nicht gewinnen wird das auch nichts mit meinen Plänen für den Weltfrieden.

So verabschieden wir uns und ich gebe ihr noch ein Paar gute Tips mit. Kann man immer gebrauchen. Erst nachdem sie das Coney Island verlassen hat fällt mir auf wie gut sie riecht. Ein wirklich exklusives Parfum. Angenehm unaufdringlich und doch süss. Und je länger sie weg ist, desto mehr beginnt es ranzig zu riechen. Nach Frittieröl, das seit Monaten gewechselt hätte werden sollen. Dicke Luft als ob hier schon lange nicht mehr gelüftet worden wäre. Ich will mich deshalb gerade erheben als ich realisiere, dass ich in einem Coney Island sitze. So weit so gut. Aber dieses Coney Island sieht anders aus als die anderen, die ich kenne. Es ist viel kleiner. Düsterer. Stickiger. Und vor allem realisiere ich, dass dieses Coney Island gar nicht in Detroit ist. Und damit wohl auch Kamala nicht hier war. Ich muss im Sitzen eingenickt sein.

Was solls. Ich schaue mir die Speisekarte an und bin etwas enttäuscht. Eigentlich war ich nur deshalb hier eingekehrt, weil ich noch einen der berühmten Coneys probieren wollte. Gibt es viele Sorten von. Hier nur eine. Für 2.50$. Das kann nicht gutgehen. Wobei. Der Vorteil an billigem Essen in billigen Kneipen ist ja, dass man viel länger was davon hat. Noch eine Stunde nach dem „Genuss“ einen schalen Geschmack im Mund und am Abend dann die Bauchschmerzen. Für nur 2.50$ ein wirkliches Schnäppchen. Deshalb bestelle ich gleich zwei und noch ne Portion fetttriefende French Fries.

Ich schaue mich ein wenig im Restaurant um und realisiere, dass das mit Kamala wohl wirklich nicht hier stattgefunden haben kann. Von oberhalb der Theke schaut mich ein alter Mann mit bösem Blick an.

Ich verlasse die Kneipe und schaue sie mir von aussen etwas genauer an. Und es ist noch viel krasser. Dieses Coney Island sieht zwar ganz anders aus als alle anderen, aber es ist das Original! Genau hier wurde der berühmte Coney geboren. Die Erfolgsgeschichte. Die Currywurst Amerikas. Vor über 100 Jahren. Hier in dieser Kneipe. Die Qualität scheint jedenfalls nicht besser geworden zu sein.

Ich bemühe meine favorisierte Internetenzyklopädie und die sagt: alles Mist. Alles viel komplizierter. Und ja, es gibt einen speziellen Jackson Coney. Aber hier entstanden? Bullshit. Kein Copyright. Alles Fake. Ich wende mich ab und gehe in Richtung Innenstadt. Vorbei am Avenues Gentleman’s Club und erstarre. Vor mir befindet sich ein – Coney Island.

Ich drehe mich um. Und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich Vollidiot. Volltrottel. Unfähige Kreatur. Wie konnte mir so etwas auch passieren. Ich fasse es nicht und es tut mir auch leid für die Zukunft dieses Planeten.

Ich war im Virginia Coney Island. Und Kamala muss die ganze Zeit im richtigen Coney Island gewartet haben. Was für Flaschen. Das kann doch nicht sein. Aber wie soll ich das denn auch wissen? Dass der Virginia Coney Island kein Coney Island ist? Wo bleibt denn da für einmal die amerikanische Klagewut? Nun klage ich mit einer Wut im Bauch. Kann es das gewesen sein?

Ach Kamala, zusammen hätten wir die Welt retten können. Da wird mir wieder bewusst, dass Kamala ja in Detroit ist. Ich in Jackson. Und ich nur einen schweren Traum gehabt habe, weil ich in einer Schweizer Zeitung davon gelesen habe, dass Kamala in Detroit ist. Ein Tag zu spät. Hätte ich doch nur noch einen Tag gewartet. Hätten wir uns getroffen. Es hätte wieder Hoffnung gegeben. Doch so?

Ich fahre weiter. Was bleibt sonst zu tun. Weiter. Und immer weiter. Und immer weiter. In Richtung Sonnenuntergang. Wie ein lonesome Cowboy, der der Welt nichts mehr schuldig ist.

Nachtrag. Natürlich hatte ich keine Bauchschmerzen, das Essen war ganz OK. Aber ja, ich habe schon besser gegessen…

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