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Tag 35 Washington ist weit weg

Auch wenn der Tag recht anstrengend war, ich muss mir der Tatsache bewusst werden, dass es anstrengender werden wird. Heute habe ich mal den Weg zum Yellowstone Park etwas genauer angeschaut – anspruchsvoll. Und vielleicht gibt es ja doch einen Grund dafür, dass es 4 oder 5 „offizielle“ Bikerouten quer durch die USA gibt. Es gibt aber die relativ einfache Möglichkeit, an einen dieser Trails „anzudocken“, um dann auf einer „offiziellen“ Route in die Rockies zu gelangen. Geht aber auch auf knapp 3000 Meter hoch und ob die Infrastruktur genügt für mich? Kann ich genügend Strom laden? Es gibt noch viel abzuklären.

Irgendwo zwischen Sioux Falls und Mitchell. Die Landschaft verändert sich, weniger Wald, etwas alpiner.

Heute musste ich mich mal wieder entscheiden zwischen relativ stark befahrenem Highway und Strassenbelagstrasse. Ich entscheide mich für Letzteres, was nur einen kleinen Umweg bedeutet. Lohnt sich, schöne Landschaft, aber nach vielen Kilometern habe ich genug. Da die Strasse parallel verläuft will ich dahin traversieren. Ich biege nach Süden ab – und komme kaum noch voran. Weiterhin Südwind. Nach Westen kein Problem, nach Süden kaum ein Vorankommen. Ich kämpfe mich durch, zum Glück ist es nicht weit.

Typische Strassenszene zweier Strassen mit „Strassenbelag“. Solche Verzweigungen gibt es alle paar Kilometer, ein recht enges Schachbrett.

Im Hotel brauche ich erst einmal eine Pause, bin richtig müde. Ich mache mich dann doch noch auf den Weg in die Stadt und es ist eine Art Chilbi. Mag ich. Anlässe, die ich nicht erwartet hätte, von denen ich nichts wusste. Ich esse einen Gyros und weils grad so schön ist noch 3/4 eines Mac&Cheese Hot Dogs – ja, man kann auf einen Hot Dog auch Penne mit Käse drauftun. Passt zwar nicht, aber es geht.

Der einzige Mais-Palast der Welt. Heute mit Live Konzert. Nicht Lance and Lea, die spielen „nur“ draussen.

Faszinierender aber ist das Konzert gleich hinter dem einzigen Corn Palace der Welt. Mais ist hier die Welt, ich bin auch stundenlang Maisfeldern entlang gefahren, insofern keine Überraschung. Aber Lance and Lea sind es. Zwei authentische Musiker mit ihrer Band, aus Texas. Mir imponiert vor allem Lea, wie sie Stimmung macht, Geschichten erzählt als ob sie vor 1000 Leuten spielen würden, die alle gebannt zuhörten. Und nicht vor ein paar Dutzend Gesichtern, die nur ganz müde klatschen mögen. Das Schicksal vieler Bands. Sie scheinen aber erfolgreich genug zu sein, um davon leben zu können. So wirkt es auf jeden Fall. Sympathisch. Lance, die Reinkarnation von Gundermann.

Als ich ankomme spielen sie gerade ein Lied, dessen Text mich aufhorchen lässt und den ich gleich notiere: „I don’t trust the president, I don’t watch the news…“ Wie ich später nachschlage ein Liebeslied, das 2024 veröffentlicht wurde. Welchen Präsidenten sie meinen ist wohl klar, wobei mir scheint, dass viele Amerikaner keinem Präsidenten trauen. Washington ist weit weg und die mauscheln eh irgendwas. Viel wichtiger ist die Lokalpolitik. Das sieht man auch an den Plakaten vor den Häusern. Ja, schon einige pro Trump (heute gesehen: „Jesus is my savior, Trump is my president“), wenige pro Harris, vor allem aber pro irgendein Lokalpolitiker. Für oder gegen eine Strassenverbreiterung. Solche Dinge.

Ich spüre den Wahlkampf hier kaum. Ja, im Fernsehen. Ja, in den Medien. Aber vor Ort? Nein. Viele Leute „don’t watch the news“. Und der Präsident macht eh vor allem Aussenpolitik. Die innenpolitischen Entscheidungen gibt es, aber auch sie sind weit weg. Die Marshmallows oder noch besser: der Sprit sind teurer geworden? Da könnte ja die grosse Politik einen Einfluss darauf haben. Der Kulturkampf. Möglich. Aber es wird so vieles hier bundesstaatlich geregelt, dass Washington – eben weit weg ist.

Ach und noch für Hans, der Mac and Cheese Hotdog. Ja, die Italiener werden in nächster Zeit wohl seltener, werde mich kulinarisch wohl anpassen müssen…

Ein Gedanke zu „Tag 35 Washington ist weit weg“

  1. Lieber Herr Pastasalat

    Ich danke für die gute Einschötzung vor Ort. Wieder einmal erfahre ich etwas über das wahre Amerika, oder zumindest eine Facette davon. Aufschlussreich fand ich den Hinweis, dass eben Bundespolitik zwar in den News, nicht aber vor Ort eine Rolle spielt. Ist gewissermassen vergleichbar mit unseren Breiten, wenn auch das Spektakel bei uns eher wegfällt und wir viel auf unseren Föderalismus halten. Wobei die Dimensionen schlichtweg unvergleichbar sind. Wobei: USA und Schweiz = Sister Repuclics….

    Ich möchte Sie an dieser Stelle für die ausserordentlich gut gewählten Bildkommentare loben. Ich finde, Sie machen das gut. Auch ist dieser Text mit einem Elan geschrieben, wie er Ihnen gut bekommt.

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