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Tag 102 Dimpa

Zweimal war ich am Coiffeurgeschäft vorbeigegangen, zweimal stand die Tür weit offen, aber niemand war drin. In anderen Geschäften war ich abgewiesen worden, da ausgebucht. Beim dritten Mal realisiere ich, dass der Typ, der vor dem Geschäft sitzt der Coiffeur ist. Ich war wohl zu abgelenkt von zwei Obdachlosen, die gerade Frühstück assen. Vor allem von einer etwas molligen dunkelhäutigen „mittelalterlichen“ Frau, die gestützt auf ihren Rollstuhl dastand. Als ich zum dritten Mal passierte beobachtete ich wie sie irgendwelche Notizen machte oder etwas in ein Heft schrieb. Ich bin einfach nicht der Typ, der Menschen anspricht, aber hier gäbe es so viele spannende und vor allem tragische Geschichten zu hören. Und viele Menschen, die wohl gerne erzählen würden. Oder einfach reden. Wahrgenommen werden. Ernstgenommen werden.

Der Haarschnitt dauert. Der Coiffeur ist sehr redselig. Es ist lustig. Zuerst kommt der grobe Schnitt, am Schluss noch das Messer. Letztlich aber war es eine doofe Idee. Als ich am Nachmittag nochmals ans Meer gehe ist es noch kälter als sonst. Vor allem auf dem Kopf. Um ans Meer zu gelangen mache ich noch einen Umweg via Los Angeles River. Gar nicht einfach da hinzukommen. Es hat zwar einen Bikepath entlang des Flusses, aber die Zufahrt von der Stadt her ist irgendwie nicht vorgesehen. Und zurzeit funktioniert meine Handyhalterung noch nicht.

Der Weg führt unter zwei Brücken hindurch. Wie ich später sehe ist es ein „Dead End“ bis auf den Sandweg im Vordergrund des Bildes. Unter der Brücke (untere in der Bildmitte) steht ein Auto, Tür geöffnet. Es sieht wie bei einer Geld- oder Drogenübergabe aus. Möglicherweise gefährlich. Ein Typ steht neben dem Auto und kickt irgendwas herum. Kurz bevor ich am Auto vorbeifahre höre ich etwas Herunterfallen und fahre einen Kreis. Was den Typen irgendwie irritiert. Er fragt, ob alles OK sei. Ich entscheide mich dann dafür, dass nichts heruntergefallen ist, sondern ich über etwas gefahren bin und fahre so schnell wie möglich vorbei und bin froh als ich den Veloweg schliesslich erreicht habe.

Ich fahre zur Post (OK, das war nicht heute, passt aber grad so gut). Um abzuklären wie teuer ein Paket zu stehen käme. Beim Eintreten fällt mir dieser Sticker auf. Im Inneren vielleicht 10 Schalter, 2 besetzt, vor allem aber wirkt es wie in einem Hochsicherheitsgefängnis. Pakete müssen durch spezielle Schiebetüren geschoben werden. Meine Frage kann die Dame am Schalter leider nicht beantworten. Nicht mal annäherungsmässig. Komme drauf an. Ich müsse erst das Paket vorbeibringen. Aber je nach Preis würde ich doch mehr oder weniger Sachen nachhause schicken. Ich kaufe einen Karton, um überhaupt mal zu sehen wie viel da hineinpasst. Die Dame am Schalter sagt, ich solle noch irgendwas auf der linken Seite tun. Ich komme nicht draus, schaue mich noch etwas um, werde zurückgerufen. Ah. Ich muss ihr den (gefalteten, kompakten Karton) durch eine Tür geben, damit sie ihn abstempeln kann. Bezahlt. Ja, es erinnert stark an typischer Staatskonzern alter Facon.

Vor einigen Tagen war ich in der Fedex Filiale. Ein offener Raum, höchstens mit einem Security Guy als Sicherheit. Gut. Vielleicht machen die weniger Geldgeschäfte oder so. Im Raum hat es Kopiergeräte und diverse Dinge, die mit Versenden von Dingen zu tun haben. Die Fedex Preise habe ich schon Online abgeklärt. Leider sind die Angaben sehr ungenau, aber einen Preis unter 200 Dollar für ein kleines Paket kriege ich nicht raus, schnell mal kostet es 400 Dollar. Und möglicherweise Zoll, obwohl ich die Ware nicht hier gekauft habe. Ich frage am Schalter, ob es vielleicht noch günstigere Tarife gebe, Schifftransport, darf lange dauern, sie verneint.

Und so entscheide ich mich, den Entscheid mal wieder etwas hinauszuschieben. Ich möchte zuerst einmal schauen wie viel wirklich in die Ikea-Dimpa-Tasche passt. Die ich morgen kaufen gehen möchte. Gut, es gibt auch noch besser passende Taschen, aber die sind wenn überhaupt erst am Mittwoch oder Donnerstag erhältlich und womöglich passt die Ikea Tasche dann ja doch besser.

Und ich überlege mir noch, ob ich am Schluss die Sachen nicht einfach hier verschenken soll anstatt sie nach Hause zu senden. Manche Sachen reuen mich, aber vielleicht ist loslassen auch mal wieder ne gute Idee… Wobei: ich habe ja soeben mein Kindervelo im Stich gelassen, was mir erstaunlicherweise keinen Stich ins Herzen gegeben hat, es ist als ob es nie existiert hätte. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass die Dimpatasche nebst der Bromptontasche natürlich nicht nur meine Sachen beinhalten soll, sondern eben auch, ach Gott. Ich liebe Geheimnisse. Aber ich denke morgen ist es an der Zeit, dieses zu lüften. Wenn es dann hoffentlich passend in der Dimpa Tasche aufgehoben ist.

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