Ich weiss nicht, ob andere auch so funktionieren, aber ich finde es auf jeden Fall faszinierend. Seit Tagen tue ich mich schwer mit Entscheidungen. Ich will doch nach Südamerika. Ja, aber Costa Rica und Bahamas oder doch die Dominikanische? Jamaika, Barbados, die neue Boomstadt Georgetown in Guayana? Oder natürlich Panama! Panama! Haiti, Honduras, Nicaragua. Haiti. Zumindest Jamaika. Venezuela. Und dann wieder Haiti. Panama. Jamaika. Kuba! Kuba ist toll! Ich mache mir viele Gedanken, verwerfe, rekonsidere (ja, neuer Anglizismus), argumentiere für und gegen, versuche meine Gefühle zu erspüren, aber alles nützt nichts. Es fühlt sich schlecht an. Ich komme nicht weiter. Drehe. Bin blockiert. Es ist noch nicht Zeit.
Heute spüre ich, dass die Entscheidung näher kommt. Ich fahre mit dem modernen Zug eine Stunde nach West Palm Beach. Mar a Lago steht da, das Teil vom Orangefarbenen. Im Zug unterhalte ich mich mit einer sympathischen und gebildeten Frau, wir sprechen über die Obdachlosigkeit, über das Tippen und anderes. In West Palm Beach angekommen gönne ich mir ein Sandwich von Jimmy and Johns und fahre zum wunderbaren Strand. Öffentlich und wirklich sehr anmächelig. Wenig Leute. Ich bin nicht so der Beach Boy, aber hier würde es mir gefallen. Ich fahre die Strasse aber gleich weiter in Richtung Süden. In Richtung Mar a Lago. Schon bald mahnt ein Schild „Road Closed“. Und so ist dann tatsächlich. Bei der letztmöglichen Abzweigung vor Mar a Lago ist die Strasse gesperrt.
Polizisten mit Schutzhelmen, die noch vor wenigen Sekunden ganz entspannt in ihren SUVs sassen springen plötzlich auf. Hektik liegt in der Luft. Manche sind etwas desorientiert, finden ihre Pumpgun nicht auf den ersten Augenblick. Was natürlich problematisch ist. Weil auf den zweiten Blick ist zu spät. Denn ein Reyman ist schnell. Hat die Turbodüsen an sein Brompton montiert. Schubkraft wie eine Rakete. Und natürlich habe ich meinen Velohelm auf. Der ist zwar bereits etwas ramponiert, aber gegen so ein paar Kugeln wird er schon noch schützen. Und so mache ich mich möglichst klein auf dem möglichst kleinen Velo, aber sie sehen mich doch. Und schlagen Alarm. Ich kalkuliere damit, dass sie zu langsam sind. Zu überrascht. Und in der Tat, nur ein Streifschuss am Helm und ich bin durch. Ich höre Motoren starten, weit entfernt, Reifen quietschen, noch weiter entfernt und schon bin ich beim Eingangstor.
Schliesslich will ich Trump noch ein paar Grüsse von Kamala ausrichten. Sie war schon etwas gekränkt, aber letztlich ist sie ein sportlicher Mensch, fair. Und hat mich extra mit ein paar Tipps zu ihm geschickt. Ich treffe auf Donald im Vorgarten von Mar a Lago. Auch seine Security sind natürlich überrascht, aber Don erkennt mich zum Glück sogleich und winkt ab. Gut. Ich glaube nicht, dass er mich mag. Zu grosse Nervensäge. Aber wir haben da so ein kleines Geheimnis. Klitzeklein. Aber gross genug, dass er mir zuhört. Gerade jetzt. So als künftiger Präsident. Da will er nicht, dass das rauskommt. Und so setzen wir uns zusammen und tuscheln ein wenig. Zwischendurch muss er laut lachen, das ist schon witzig. So der grosse Trump, also der hat ja schon ein paar Kilo zu viel, wie der dröhnt. Und ist ja sonst eher so der ernsthafte Typ.
Viel Zeit bleibt uns allerdings nicht. Denn natürlich sind wir inzwischen umringt von ein paar Dutzend waffenstarrender Bullen. Hat etwas gedauert, bis die hier angekommen sind, dafür meinen sie es jetzt umso ernster. Schmach. Das ist denen doch peinlich. Die wollen das wieder gutmachen. Aber schon ein bisschen Schutz, wenn ich da neben Don sitze. Könnte ja auch ihn treffen. Gut, wäre nichts Neues, aber da will ja keiner am Ende Schuld sein. Und deshalb, eben. Und natürlich der Velohelm. Nicht ganz eine Tarnkappe, aber doch fast. Weil der ist kugelfest. Gut. Bleibt noch der Körper. Aber über solche Details mache ich mir in dem Moment keine Gedanken.
Gut. Ehrlich gesagt. Die Stimmung ist etwas unentspannt. Gleichwohl unterhalten wir uns noch weitere 20 Minuten mit inzwischen sicher zwei Bataillonen von Polizisten mit Schiesseisen im Anschlag. Aber die können ja nicht. Weil er schon bald. Nach diesen 20 Minuten muss Donald aber weiter. Also eigentlich auf Klo. Aber das tönt so unschön. Und so verabschieden wir uns. Nicht ganz so herzlich wie ich mir das vorgestellt habe. Denn immerhin habe ich ihm eingeflüstert, was er alles tun soll, um unser kleines Geheimnis geheim zu behalten. Und das hat ihm, ich kanns ihm nicht verdenken. Aber der Weltfrieden, irgendwo muss man ja auch Grenzen ziehen.
Trump nickt recht cool und die Bullen fahren ab. Warum er das erst jetzt tut, weiss ich nicht. Der Gedanken kommt mir auch erst später, als ich über die Brücke wieder in Richtung Bahnhof fahre. Mission accomplished würde ich sagen.
Ein anstrengender Tag. Denn eine weitere Mission habe ich accomplished. Am Strand noch das Wasser aus dem Pazifik in den Atlantik geleert. Und das Fläschchen wieder aufgefüllt. Und am Abend ein Ticket gebucht. Miami Santiago de Chile. Nächsten Dienstag. Von dort gehts dann wieder an den Pazifik – und dann wieder zurück zum Atlantik, so der Plan. Und bis Dienstag gönne ich mir noch ein paar Tage Auszeit. Mission accomplished. Es geht nach Key Largo. Ein paar Tage am Meer. Immerhin habe ich die USA mit einem Velo von Ost nach West durchquert, dann mit einem anderen Velo von West nach Ost. Starke Leistung. Finde ich. Und so nach bald 150 Tagen Reyse gönne ich mir ein wenig Ferien. Auszeit. Kopf durchlüften. Kraft sammeln für Teil drei. Wo es vielleicht um die Jagd nach Drittens geht. Oder um die Frage wie schlimm die Lage in Chile ist und ob man Tages Anzeiger oder NZZ glauben soll, die eine Zeitung, die Milei komplett verteufelt, die andere, die ihn in den Himmel lobt. Und sicher noch vieles mehr. Denn es verbleiben noch über 60 Tage. Also mehr als Teil 2. Das will doch schon was heissen.
Kurz: Ferien. Pause. Auszeit. So Gott will werde ich mich nächsten Montag wieder melden. Mit einem Spoiler zu Drittens. Oder sonst etwas. Keine Ahnung. Als ob ich eh jemals Ahnung gehabt hätte. Irgendwie so.
Also, schöne Ferien.
Kopf durchlüften, Blog einstellen, Auszeit geniessen.
Hast Du Dir verdient.
Und breitnersche Entspannungstechniken nicht vergessen: einem gestandenen Mann, der in bester homöopatischer Manier Wassertröpfchen vom einen zum anderen Ozean (wochenlang auf Fahrrad geschüttelt) bringt, fällt dies bestimmt leicht.
Dann erwarte ich Dich pünktlich montags 8 Uhr zurück bei der Arbeit…