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Noch 42 Tage San Carlos

Verhungert bin ich gestern also nicht. Aber wunder genommen hat es mich doch. Wie diese kleine Stadt an einem normalen Tag ausschaut. Weshalb ich das Zimmer noch um einen Tag verlängert habe. Es hat wie auch Santiago viele Parks mit vielen Sitzbänken, was ich liebe. Am Morgen an der Sonne, am Nachmittag im Schatten etwas lesen. Dazwischen ein Pollo mit Puré essen, etwas herumfahren, Dinge wirken lassen. Am Nachmittag gehe ich noch zum Coiffeur, der bislang billigste Haarschnitt im doppelten Sinne: günstig, aber auch schlecht. Naja, sieht besser aus als vorher und spätestens in zwei Tagen sieht man die Unregelmässigkeiten eh nicht mehr.

Es ist wirklich unglaublich wie viele Geschäfte es in San Carlos gibt. Klar, es wird eine gewisse Zentrumsfunktion haben. Aber die nächste, deutlich grössere Stadt ist jetzt nicht so weit entfernt. Ich vermute, dass es mehr mit tiefen Löhnen und Preisen zusammenhängt. Was es einfacher macht, ein Geschäft erfolgreich zu führen. Wie es aber unter solchen Umständen zu einem Auto oder auch nur schon einer Familie inklusive Handy etc. reicht ist mir schleierhaft. Dass tiefe Löhne Arbeitslosigkeit senken können zeigte sich auch in Santiago. Im Decathlon gibt es auch hier die Kassen zum Selberzahlen. Das ist aber kompliziert. Weshalb mehr oder weniger neben jeder Selbstbezahlkasse – eine junge Person steht. Ein Hinweis auf eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, wie sie auch in Südeuropa zu sehen ist. Auch sonst hat es unfassbar viel Personal im Decathlon, die Margen scheinen gross genug, die Löhne tief genug zu sein.

Aber es herrscht auch eine entspannte Atmosphäre. Wirklich gestresst scheint hier niemand zu sein. Tiefere Produktivität, tiefere Löhne, mehr Entspanntheit, wohl nicht nur ein schlechter Deal. Mal wieder schwierig. Denn tiefe Löhne haben natürlich auch eindeutige Nachteile. Und os habe ich für morgen eine neue Idee.

Erst wollte ich mit dem Bus 20 Kilometer fahren, um von dort mit dem Brompton zur Colonia Dignidad zu gelangen. Ich habe aber irgendwie keinen Bock auf Bus, es hat in den lokalen Bussen nur wenig Platz für Gepäck und keine Ahnung. Fahrplan. Welcher Bus fährt dahin. Wann. Wie oft. Alles immer sehr kompliziert. Und irgendwann finde ich, ich könnte ja auch die ganze Strecke fahren. Habe ja vor kurzem die USA durchquert. Aber ohne Motor, ich bin so faul und träge. Und so sitze ich im zentralen Park und habe plötzlich eine Eingebung. Es hat Taxis. Ein solches würde mich garantiert auch direkt bis zur Colonia Dignidad fahren, aber auch die 20 Kilometer, die der Bus fährt. Und ich wäre ein Samariter, würde einem Taxifahrer helfen, seine Familie zu ernähren. Good guy. Ich. Und so werde ich die Entscheidung mal wieder auf morgen verschieben. Taxi oder selber fahren. Oder dann doch etwas mehr Abenteuer und Bus.

Wobei Abenteuer gibts automatisch mehr, wenn man aus der Stadt raus ist. Niemand spricht Englisch, ich kaum Spanisch. Was manchmal anstrengend, oftmals aber auch amüsant ist. Irgendwie klappt die Verständigung immer und wenn es am Schluss (absolute Ausnahme!) über die Übersetzungsapp läuft. Etwas Kreativität und Fantasie. Und ich war ja schon in China und Japan und vielen anderen Orten, wo Englisch nicht zum Alltag gehört – Probleme hatte ich noch nie. Zumindest keine gravierenden.

Sogar hier gibt es Velowege etc. Chile ist wirklich faszinierend.
Mode im Park. Auch hier wieder viele Liebespaare. Die Erklärung ist wohl einfach: zuhause hats keinen Platz für Privatsphäre.
Abendmahl. Kein griechischer Salat, sondern eine chilenische Spezialität: Tomaten, Avocado, Käse, Oliven, Wurst und Fleisch auf einem Bett von Pommes. Ich muss gestehen: schmeckt gut.

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