Am Morgen hadere ich noch kurz. Ich bin nicht fit, müde, trotz viel Schlaf, leichtes Kopfweh. Taxi oder selber fahren? Wie meist in solchen Situationen entscheide ich mich erst kurz vor Aufbruch – und meist für die richtige Version. Hier also: Velo. Es ist wirklich witzig, dass ich noch vor Kurzem 150 Kilometer und 1500 Höhenmeter in Angriff genommen habe an einem Tag und jetzt bei 45 Kilometern und 400 Höhenmetern Muffensausen kriege. Wobei es vor allem um eine Stelle von rund 3 Kilometern geht, die eine Steigung von 5-10 Prozent aufweist. Ich sage mir, ich kann ja stossen und ich habe Zeit. Die erste Stunde geht es eine Hauptstrasse entlang immer ganz leicht bergan. Absolut kein Problem. Es hat viele, wirklich viele kleine Lebensmittelläden, was mich immer wieder erstaunt. Die Konkurrenz ist enorm und jeder Laden hat doch Waren von mehreren tausend Franken, die auch umgesetzt werden müssen. Klar, weniges ist wirklich frisch, aber auch Schokolade und kohlensäurehaltige Getränke in Petflaschen halten nicht ewig. Etc. Aber irgendwie gehts.
Die Strasse ist recht gut zu befahren, Asphalt, leider so kleine Töggel am Strassenrand, die Autofahrer darauf hinweisen sollen, dass sie wieder mehr in die Strassenmitte gehen müssen. Für mich etwas mühsam, weil das Drüberfahren mit den kleinen Reifen unangenehm ist und ich auch seitlich abrutschen kann. Der Verkehr ansonsten ist angenehm bis auf einen Idioten, der mit zu hoher Geschwindigkeit zu nah an mir vorbeifährt – und noch am Horizont Warnblinker gestellt hat. Es hat erstaunlich viele Taxis und auch mehrere Busse fahren vorbei.
Vor allem aber bin ich on the road again. Es macht Spass. Erstmals seit Monaten wieder ausserorts. Ich habe ganz viele „Flashbacks“. Vermutlich ausgelöst durch Lichtstimmung, Art der Strasse oder Bäume etc. kommen mir Orte in den Sinn an denen ich schon gewesen bin. Und meist gelingt es mir leicht, mich zu erinnern, wo das gewesen war. Italien, Slowenien, USA, viele sehr gute Erinnerungen. Und auch dieses kurze Stück wird in guter Erinnerung bleiben, auch wenn ich die 3 Kilometer gelitten habe. Zu steil, um zu fahren. Mit einem Brompton. Dessen 1. Gang vielleicht einem 5. eines Mountainbikes entspricht. Oder so. Und auch die kleinen Räder führen zu einem leichten Verlust, der allerdings nur rund 10-15 Prozent entsprechen soll.
Aber ich schaffe es und wäre es nicht über 30 Grad und Mittagszeit, wäre es eigentlich keine Sache gewesen. Ich hätte auch noch 5 Kilometer mehr geschafft. Oder 10. Gut vielleicht auch 40. Oder 100. Keine Ahnung. Bergab auf jeden Fall. Nein, die Hauptprobe hat funktioniert und auch wenn ich viel geflucht habe beim Aufstieg werde ich es zumindest in Betracht ziehen, noch einige Touren zu machen. Muss landschaftlich unglaublich schöne Orte geben etwas weiter südlich und bei Komoot habe ich schon einige Touren gesehen, die wohl machbar wären. Mal schauen.
Nachtrag: Es läuft Marschmusik. Zum Abendessen gibt es Leberkäs mit Pommes. Ich bin an einem der seltsamsten und unmoralischsten Orte dieser Welt gelandet. Fortsetzung folgt.