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Noch 33 Tage Argentinien

Nur ja keine Frischwaren mitnehmen! Man liest Horrorgeschichten. Und so esse ich mein Brot (unfassbar fein) mit Camembert (wann habe ich zum letzten Mal guten Käse gegessen? Am Vormorgen! Und davor? In der Schweiz). Und achte darauf, dass alles weg ist. Will ja keine Probleme kriegen beim Grenzübergang. Doch die Probleme beginnen schon bald.

Ich warte am Busbahnhof, der Bus fährt ein, alles gut. Der Busfahrer checkt, ob man den unfassbar wichtigen Zettel dabei hat, den man bei der Einreise gekriegt hat und auf dem keine wichtigen Informationen stehen. Beim Gepäck einräumen ignoriert mich der Typ dann aber. Bevorzugt jene, die hinter mir stehen. Mann. Soviel Gepäck habe ich nun doch wieder nicht! Was er sagt, verstehe ich nicht. Erst will er sich weigern, das Velo mitzunehmen, schnell gibt er zum Glück nach. Im Bus überleche ich dann, meint wohl: könnte Probleme mit dem Zoll geben. Hat es schon bei der Einreise nach Chile. Nein. Ich will das Teil nicht verkaufen. Ich will damit fahren. Hätte ich – wie ein Plan gewesen ist – nicht mit dem Bus sondern mit dem Velo die Grenze überquert, wäre diese Frage schon gar nicht aufgekommen.

Die Ausreise ist problemlos. Was mich aber verwundert: der chilenische Passbeamte hat keinen Scanner. Tippt Zahlen ab. Seltsam. Dafür stempelt er den Pass schon, bevor er die Daten einträgt. Und wirft den Zettel, ja, den unfassbar wichtigen Zettel von der Einreise – unbesehen in den Abfall.

Der Bus fährt zum argentinischen Zoll. Der scannt den Pass, fragt nach dem Hotel und gut ist. Gibt nicht mal einen Stempel. Keine Zettel ausfüllen, keine Frage nach Lebensmitteln, mir erscheint es, als ob man hier die Handschrift Mileis sehen kann. Alles nicht Notwendige, das es vorher gegeben hat wurde weggekürzt. Vielleicht manchmal auch zu radikal.

Der Bus fährt los, hält nochmals kurz und da kommt der Zuständige für den Bus und ruft nach dem Typen mit der Bicicleta. Also doch Problem. Ich gehe raus, die Zöllner sind gerade daran, mein Juwel auszupacken. Der eine Zöllner schaut sich den Helm an – und ich kann das Plunder wieder einpacken. Der Helm ist so lädiert, da ist es glaubwürdig, dass ich das Velo nicht zu verkaufen plane, sondern wirklich selber damit rumfahre.

Die Fahrt geht weiter. Ich versuche, die neue E-Sim zu aktivieren. Schwierig. Irgendwann klappts mal, dann doch wieder nicht. In San Martin angekommen fahre ich zum Hotel. Die Receptionistin meint: ist einfach alles etwas komplizierter hier in Argentinien. Ich muss einen Meldezettel ausfüllen, aber ansonsten klappt es ganz gut.

Ich will gleich mal etwas Bargeld abheben, habe ich einfach gerne dabei. Bei der ersten Bank gebe ich zuerst 200 Franken ein – schliesslich gibt es eine Gebühr von 13 Franken. Geht nicht. Auch 100. Geht nicht. Ich gehe zu einer anderen Bank. Eine Frau, die ich schon im Bus getroffen hatte meint: kleine Beträge gehen. Ich probiere 60, geht. 10 Franken Gebühren. Nicht wirklich ein guter Deal. Erinnert mich an Venezuela in den 90ern. Da haben wir mal 20 Franken rauslassen können und das mehrfach gemacht. Und erst im Nachhinein realisiert, dass das jedes Mal 5 Franken gekostet hat.

Ich gehe in einen Laden. Eine Cola Zero ist fällig. Self Checkout. Vielleicht lag es daran. Ich muss meine Passnummer eintragen (!). Geht aber nicht, denn die beinhaltet einen Buchstaben, es gibt aber nur ein Zahlenfeld. Ist aber egal. Hauptsache etwas eingeben. Es werden dann 3 Quittungen ausgedruckt. Eine nimmt mir die Person, die die Self Checkout Kassen betreut wieder ab. Ist ihr Beleg. Wie seltsam. Kompliziert eben.

Ich fahre an den Strand. Schön. Heiss. Viel zu heiss, obwohl schon 5. Es hat kaum Menschen in den Strassen und ich denke mir, warum in aller Welt bin ich nicht länger in Chile geblieben? Dort war es so schön, so schön einfach.

Ich fahre zurück zum Hotel. Durch einen Künstlermarkt hindurch. Wunderbar. Artistik, Musik, richtig cool. Nach dem Abendessen gehe ich nochmals dahin. Irgendwann gebe ich auf. Mit dem Velo komme ich da nicht durch. Alle Restaurants sind voll, das kleine Städtchen quillt über. Vor allem aber: von Krise keine Spur! Im Gegenteil, es lebt und bebt. Anders als Pucon in Chile. Dort lebt und bebt es auch, unbedingt, aber eben anders. In Pucon hat ein Triathlon stattgefunden. War es irgendwie touristischer. Vom Style her liberaler. Hier in San Martin ist der Style viel linker. Eine ganz andere Stimmung. Viele Künstler. Brotlos. Sinnlos. Sympathisch. Und schon bald denke ich: warum nur bin ich so lange in Chile und vor allem in diesen seltsamen, depressiven, langweiligen Vereinigten Staaten geblieben? Nein. Es war gut. Aber die Unterschiede sind gewaltig. Argentinien mag arm sein. Arm, aber sexy. Die USA mögen reich sein. Reich, aber dekadent. Und Chile? Irgendwas dazwischen. Wobei ich von Argentinien natürlich noch nichts gesehen habe.

Zum Beitragsbild: das 3-4G Netz funktioniert inzwischen, manchmal, das Wifi im Hotel ist miserabel. Die Bilder sind deshalb noch nicht synchronisiert. Das Amuse Guelue auf dem Bild mag vielleicht nicht so zu begeistern, aber das Essen in diesem kleinen Restaurant in Pucon war fabelhaft. Familienrestaurant, kaum Leute, dafür mit viel Liebe. Mag ich.

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