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You have to tip…

Die Taxifahrt vom Flughafen nach Manhattan kostet 70 Dollar. So ist es gross angeschrieben am Flughafen. Viel Geld, aber auch eine lange Fahrt. Und inzwischen ist es für mich 2 Uhr morgens, keinen Bock auf U-Bahn mit Umsteigen. Im Verlauf der Fahrt fällt mir auf, dass noch irgendeine Taxe draufgeschlagen wird für 8.75$. Auch egal. Als wir Manhattan erreichen ist dieser Wert plötzlich bei 10.75$ und ich frage mich, ob ab jetzt noch der Taxameter läuft. Der Wert bleibt aber zum Glück stabil. 

Als ich mit Karte bezahlen will kommt der bekannte „Tip“ Bonus dazu. Man kann wählen wie viel Trinkgeld man bezahlen möchte. 18, 20 oder 22 Prozent. Happig. Kommt jetzt immer noch nicht drauf an, die Fahrt kostet dann halt knapp 100 Dollar. Also rund 30 Prozent mehr als am Flughafen gross angeschrieben. 

Am nächsten Morgen quatsche ich mit jemandem und komme auf das „Tippen“ zu sprechen. Vor Jahren wurde mir das Verlassen eines Lokals verweigert, weil ich kein Tip gegeben hatte. Was freiwillig erscheint, ist es offensichtlich nicht. Am Abend zuvor hingegen war ich in einem sehr guten Restaurant. Die Rechnung belief sich auf irgend 26 und etwas Dollar. Ich legte 52 Dollars in Bar hin und ging davon aus, 20 Dollar zurück zu erhalten. Ich kriegte aber den korrekten Betrag zurück. Ich fragte deshalb Nora, was nun üblich sei. Sie meinte eher das, was mir am Abend zuvor widerfahren war: Tips sind freiwillig, aber schon sehr gerne gesehen. Vermutlich hängt es auch davon ab, wo man sich gerade befindet.

Nun sitze ich in einer Bar und schreibe diese Zeilen. Bezahlen musste ich bargeldlos, wieder wurde 20 oder 25 Prozent Tip erwartet. Ich will den Betrag nach unten anpassen, da das Bier schon so verdammt teuer ist, erwische den falschen Button: no tip.

Es ist heiss in Manhattan, die Biere klein, nach kurzer Zeit bestelle ich noch ein Zweites. Der Typ wirkt demotiviert und sagt mir dann direkt ins Gesicht: you have to tip. Das sei sein Lohn. Er erhält deutlich weniger als den gesetzlichen Mindestlohn – da ja „Tips“ bezahlt werden und er so auf einen Wert höher als den Mindestlohn kommt. Also kann der Barbesitzer den Mindestlohn unterbieten. 

Nicht wirklich ein sympathisches System, aber New York ist halt teuer. Umso erfreuter bin ich über mein Schnäppchen-Zimmer. Lächerliche 200 Dollars pro Nacht (für New York ein absolutes Schnäppchen), mitten in Chinatown – und Chinatown ist Downtown. Allerbeste Lage. Leider liegt das Hotel direkt neben der Manhattan Bridge. Und über diese fährt die U Bahn. Und die ist alt. Wenn ein Zug da drüber fährt, dann bebt die Erde, lässt sich nicht mehr verständlich reden. Immerhin ist mein Zimmer nicht nach vorne raus – sondern auf die Seite. Kein Sichtkontakt, sondern Hörkontakt. Wären da nicht die doppelt isolierten Fenster. Die mir die Qualität der menschlichen Ingenieurskunst eindrücklich belegen. Man hört die U Bahn – nicht. Oder fast nicht. Das heisst nicht, dass es nicht laut ist in meinem Zimmer. Ich schnarche. Aber ich schlafe nicht nur gut, weil ich erschöpft bin nach der langen Reise, sondern auch, weil es ruhig ist. Wenn ich wach bin. Wobei ich schon mindestens zweimal an meinem eigenen Schnarchen erwacht bin. Aber das ist eine andere Geschichte.

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