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Tag 38 Forward to the Past

Heute war eigentlich ein fahrerisch einfacher Tag geplant, aber es kam ganz anders. Ein anstrengendes auf. Die abs genügten nicht zur Rekuperation. Ich fahre und fahre, langsamer als an anderen Tagen und komme nur schleppend voran. Auch weil es zum ersten Mal im grösseren Mass Gegenwind gibt. Habe allerdings auch genügend Zeit, da ich früh gestartet bin.

Es geht wie gestern grösstenteils entlang einer Interstate. Der alte Highway existiert weiterhin und ist durchgängig asphaltiert und in gutem Zustand. Während des ganzen Tags passieren mich nur wenige Dutzend Fahrzeuge, die meisten bei Kreuzungen zu anderen Strassen. Fast schon ein Biketrail.

Mit so einem 70er Jahre Schlitten durch die USA zu flitzen, das hätte schon was. Zur Not täte es auch einer aus den 60ern. Schöne Autos.

Die Interstate wurde 1967 erbaut, zumindest steht das an einem Brückenpfeiler. Sie hat manchen das Leben vereinfacht, es anderen massiv erschwert. Es gibt Dörfer entlang des Highways, die einigermassen florieren. Murdo zum Beispiel. Es hat ein wirklich cooles Automuseum eines Sammlers, der längst nicht nur Autos gesammelt hat. In Murdo gibt es zudem viele Motels und Hotels. Ich hatte geplant im Ireland Inn abzusteigen, weil es am günstigsten war. Zwei Tage vor der Anreise war es dann plötzlich voll, was angesichts der vorherigen freien Zimmer erstaunt. Aber vor Ort hat es viele Autos, die davor geparkt haben. Auch mein Hotel ist gut besucht, anders als das „Love Hotel“, das eigentlich auch günstig und nicht so schlechte Rezensionen hat. Love and Peace. Viele denken wohl an etwas anderes und meiden es womöglich deswegen.

Was aber erstaunt: viele Hotels, kaum Restaurants. Mein Favorit leider dauerhaft geschlossen, ein anderes abends zu, so gehe ich ins Buffalo irgendwas und – es schmeckt. Salatbuffet, zartes Fleisch, Kartoffelstock, hat sich gelohnt. Wo aber essen all die Motelbesucher? Nudeln aus der Mikrowelle? Ein Sandwich bei Subway? Allzu viele Alternativen gibt es nicht. Gekochte Eier? Die sind hier verbreitet, bereits geschält im Plastik.

Geschlossenes Motel in Belvidere

Eindrücke aus Belvidere

Doch nicht alle Orte funktionieren zumindest noch einigermassen. Besonders hart hat es Belvidere getroffen. Die Kirche ist gut besucht am Sonntagmorgen (es stehen rund ein halbes Dutzend Autos davor…) und die Post hat fast immer geöffnet. Der Rest: gammelt vor sich hin. Es gibt noch eine Tankstelle ohne gross ausgewiesene Preise. Drinnen drei Leute, der Mann am Rollator scannt meine Waren. Von aussen sah alles geschlossen und abweisend aus, aber immerhin, es gibt ihn noch, den Laden. Anders als das Motel, das schon vor langer Zeit geschlossen wurde. Wie vielleicht ein halbes Dutzend Motels im Nachbardorf.

The cows who stare at reyman (frei nach einem Filmtitel)

Ich fahre weiter und beobachte Kühe, die mich doof anstieren. Haben die noch nie nen Mann auf einem Kindervelo gesehen? Ich gaffe zurück und mir wird schummrig. Irgendetwas stimmt nicht. Im nächsten Moment wird mir schwarz vor Augen und wo ich sie wieder öffne, erkenne ich meinen Irrtum. Das sind keine Kühe, das sind meine ausserirdischen Freunde.

Es ist ein zwiespältiges Wiedersehen. Einerseits freue ich mich, andererseits bin ich ziemlich sauer auf sie, nur schon, weil sie mich schon wieder verarscht haben und mich auf eine Art und Weise auslachen, die sehr unmenschlich wirkt. Wenig erstaunlich. Ich verstehe sie nur schlecht, aber allmählich komme ich drauf, dass sie vor allem deshalb so lachen, weil sie sich an meinen Blick erinnern, als ich – keine Brücke sah. Die Idioten haben doch einfach kurz die Brücke über den Missouri dematerialisiert, um mir einen Streich zu spielen. Andererseits: irgendwie ja auch süss. Einfach weniger süss, weil ich deswegen einen verdammten Tunnel unter dem Missouri hindurch graben musste. Gut. Die Hälfte davon hat mein Spiegelschatten gegraben, aber immerhin. Ich erwähne das durchaus ein wenig erbost und erst da realisieren sie, dass sie es vielleicht etwas zu weit getrieben haben mit ihrem Spass. Das war wohl auch der Grund, warum ich heute nicht so richtig in die Gänge kam. Die Anstrengung des Tunnelbaus.

Aber ich muss auch wieder sagen, sie sind wirklich cool. Und wollen es wieder gut machen. Und so haben sie mich in ihre Zeitmaschine eingeladen, um damit ein wenig herumzufurzen. Ihre Worte. Leider durfte ich davon kein Bild mache, aber sie sah irgendwie aus wie ein Monteverdi Hai 450 SS. So ein richtiger Sportwagen mit viel PS und viel Technik. Oder vielleicht auch etwas moderner. So Anfang 80er. Recht kantig mit so komischen Dingern hintendrauf. Keine Ahnung. Witzig fand ich, dass sie mich immer „Marty“ nannten. Dabei hatten sie das schon gecheckt, dass ich eigentlich Reyman heisse. Für gute Freunde auch Martin. Aber natürlich nicht Marty, wie doof.

Wie auch immer, wir setzen uns da rein, beschleunigen wie die Irren und kurz darauf sind wir im Jahr 1880. Echt. Schon noch cool. Bitzeli Abenteuer.

Was mich ein wenig irritiert ist, dass mein Spiegelschatten scheinbar auch dabei war. Dabei habe ich den doch bei seinen Kragausen und Tschonfligurien zurückgelassen. Dachte ich. Aber vielleicht ist es ja auch einfach nur mein Schatten gewesen. Und gefreut hat mich natürlich besonders, dass es da schon Velos mit Motor gab. So von wegen exotisch und so. Aber sonst halt schon einfach ein wenig so wie man sich eine Wildweststadt im 19. Jahrhundert vorstellt.

Wir sind dann schon bald wieder zurück in die Gegenwart gereist, ich musste ja weiter. Kann doch nicht einfach meine Reyse unterbrechen, wegen so ein paar doofen Ausserirdischen. Ner Reyse in die Vergangenheit. Aber ganz so einfach werde ich sie nicht los und das ist letztlich auch cool. Die haben mir versprochen, mich morgen auf ihren Heimatplaneten mitzunehmen. Da bin ich aber schon so was von gespannt drauf! Da werde ich euch dann wieder davon berichten. Aber jetzt muss ich erst einmal den Schlaf mich finden lassen. War anstrengend heute. Und wenn ich mir vorstelle, was morgen geplant ist, uiuiui, dann brauche ich jetzt dringend Erholung!

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