Es hat etwas von einem Spektakel. Da stehen Hunderte Leute vor einer Art Bildschirm und alle paar Minuten stürmt ein Teil davon los, worauf die nächsten ihre Plätze einnehmen. Boarding im Bahnhof Euston in London. Hier wird der Bahnsteig erst bekannt gegeben, wenn der Zug eingefahren ist. Am Eingang zum Bahnsteig stehen dann auch hübsche Hostessen, die das Ticket kontrollieren und es mit einem simplen Kugelschreiber-Kringel entwerten. Es erinnert etwas ans Fliegen, was wohl kein Zufall ist, da die Betreiberin „Virgin Trains“ zur selben Gruppe wie „Virgin Airlines“ gehört.
Das System hat sicherlich Vorteile, vor allem entfällt die Fahrkartenkontrolle während der Fahrt. Es ist zwar etwas ungewohnt für den kontinentalen Europäer, aber nachdem ich die Effizienz des Londoner „Oyster-Systems“ erfahren habe, wage ich mich nicht es zu kritisieren. Die Oyster-Card ist eine Art Kreditkarte mit der man kontaktlos den Zugriff zum öffentlichen Verkehr innerhalb Londons erhält. Man checkt bei der Ausgangsstation ein, bei der Endstation wieder aus und das System berechnet automatisch den günstigsten Preis. Super effizient, bloss stehen dann meist doch wieder zwei, öfter auch mehr Mitarbeiter bereit, um bei Problemen zu helfen. Vielleicht eine Notwendigkeit, vielleicht auch eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme.
Wirklich seltsam erscheint dann aber das Check-In am Fährenportal in Holyhead. Um in die Fähre nach Dublin zu gelangen muss man durch einen Security-Check, was ja irgendwie auf den ersten Blick noch einleuchtet. Der Security-Man fragt mich, ob ich etwas Spitzes oder so dabeihätte und naiv wie ich bin erwähne ich mein Mini-Taschenmesser, das auch im Flughandgepäck mitgenommen werden darf. Er fragt mich nun, ob ich wüsste, wo dieses sei. Ich zeige es ihm und er fordert mich freundlich auf, das Messer vom Schlüsselbund wegzunehmen und in den Rucksack zu tun. Eigentlich wollte ich diesen als Handgepäck bei mir tragen, aber nun gut, er ist die Autorität.
Nachdem er mich noch abgetastet hat (Metalldetektoren kennen sie hier noch nicht) darf ich weiter zur „Gepäckaufgabe“. Zum Glück hatte ich nicht erwähnt, dass ich noch zehn Kilo Sprengstoff… – die Szene ist regelrecht absurd. Die Gepäckaufgabe besteht aus zwei Männern, die das Gepäck entgegennehmen und mich natürlich nett durchwinken. Mein Rucksack ist Handgepäck, sag ich doch.
Und so habe ich es tatsächlich geschafft, mein Minitaschenmesser der Marke Victorinox auf die Fähre zu schmuggeln und wer weiss, vielleicht kann ich es noch zur Selbstverteidigung nutzen. Denn Autofähren haben es so an sich, dass auf ihnen Autos mitfahren. Und diese Autos sind oftmals vollgeladen mit Gepäck. Mit viel Gepäck. Und vor allem mit sehr viel ungechecktem Gepäck…