Greenwood ist eine vermutlich recht typische Kleinstadt im Mississippidelta. Es hat eine hübsche Innenstadt mit vielen kleinen Läden, es hatte auch eine gut sortierte Buchhandlung, die leider wegen eines Brandes zumindest vorübergehend geschlossen ist. An der Main Street liegt das berühmte Alluvian-Hotel, das eine gehobene Kundschaft anspricht. Überall im Ort findet man auch schöne Bauten aus dem 19. und 20. Jahrhundert, wo Greenwood Zentrum der Baumwolle war.
Die Kleinstadt strahlt einen gewissen Wohlstand aus. Es hat sehr viele Parkbänke, die ausser mir kaum jemand zu nutzen scheint, einen schönen Velo- und Fussgängerweg und diesen Freitag hat es eine Eisbahn. Ohne Eis, aber mit Schlittschuhen. Überall hängen Weihnachtsbeleuchtung oder weihnachtliche Dekoration, was angesichts der herbstlichen Temperaturen und des permanenten Sonnenscheins für mich etwas absurd wirkt. Natürlich nur meine Wahrnehmung.
Was in Greenwood aber auch auffällt sind die vielen, vielen leerstehenden Geschäfte. Durchaus in der Innenstadt, aber eben nicht an der Main Street. Immerhin scheint diese noch zu florieren. Die geschlossenen Geschäfte machen einen tristen Eindruck, oftmals ist zwischendrin noch eines geöffnet, das aber auch ziemlich heruntergekommen aussieht. Dreckige Scheiben, keine einladenden Auslagen.
Der Niedergang der Innenstädte ist typisch für die USA und hat wesentlich damit zu tun, was sich vor allem auf der anderen Seite des Flusses, in der „neuen Stadt“ befindet: alle möglichen „Ketten“, die die Ware günstiger verkaufen und gegen die die „alte Stadt“ kaum noch konkurrieren kann.
Das Mississippidelta gilt bis heute als eine der ärmsten Gegenden der USA. Hier gab es früher die grossen Plantagen, wo Sklaven die Drecksarbeit verrichteten, von hier ging aber auch die Bürgerrechtsbewegung in den 1950er Jahren los.
Emmett Till, ein schwarzer 14 jähriger Junge war aus Chicago zu Besuch im Delta in der Nähe von Greenwood. Er soll beim Einkauf eine weisse Verkäuferin belästigt haben. Als Folge davon wurde er entführt, gefoltert und bestialisch ermordet. Der darauffolgende Prozess war alles andere als fair und die Mörder wurden durch ein 12 köpfiges, ausschliesslich von Weissen besetztes Geschworenengericht freigesprochen. Der Freispruch führte dazu, dass die Täter nicht mehr juristisch belangt werden konnten und die Tat im Nachhinein sogar zugaben.
„Die Proteste gegen den Freispruch der Mörder Emmett Tills gelten neben dem auf die Inhaftierung der Bürgerrechtlerin Rosa Parksfolgenden Busboykott von Montgomery als Beginn der schwarzen Bürgerrechtsbewegung.“ So Zitat Wikipedia.
Nach Montgomery werde ich vermutlich nicht fahren, weil es nicht wirklich am Weg liegt, dafür möchte ich nach Birmingham, das für die Bürgerrechtsbewegung eine grosse Bedeutung hatte und wo es ein Civil Rights Museum gibt. Jenes in Memphis habe ich natürlich bereits besucht. Etwas zu gross, dafür wirklich gut gemacht und eindrücklich daran ist auch, dass es im Lorraine Motel untergebracht ist, wo Dr. Martin Luther King Jr. erschossen worden ist. Zu diesem Themenkomplex plane ich noch einen detaillierteren Post.
Bald erreichen wir aber Jackson, die Hauptstadt von Mississippi, wo alles ein wenig langsamer vor sich gehen soll. Das zeigt sich nur schon daran, dass man es Jaaaaaackson ausspricht. Ich werde gefragt, wo ich hinfahre und mein „Jackson“ wird grundsätzlich nicht verstanden. Nach Jaaaaackson. Wir sind im Süden. Und dazu noch eine letzte Anekdote: Da ich fast in Louisiana bin, will ich bei Popeyes Mittag essen. Eine Burgerkette aus Louisiana. Natürlich gibt es bei der Bestellung immer Tausend Optionen – und ich verstehe kein Wort, das mich die Angestellte fragt. Sie spricht undeutlich, aber vermutlich ist es einfach der Dialekt. Wir sind quasi im Wallis. Meine Lösung: „I take it how you like it best“ funktioniert zum Glück. Und ich muss sagen: hat richtig gut geschmeckt.