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Sind die 68er am Nordirlandkonflikt schuld?

Dass der Nordirlandkonflikt genau Ende der 60er Jahre eskaliert ist, ist natürlich kein Zufall. Sondern auch eine Folge des Erfolgs der 68er – die ja bekanntermassen an allem schuld sind. Und das kam so.

Das mehrheitlich durch ausgewanderte protestantische Engländer und Schotten besiedelte Nordirland war bei der Unabhängigkeit Irlands 1920/22 britisch geblieben. Und es folgte eine Herrschaft, die keinen Zweifel daran liess, dass es sich um einen „protestantischen Staat für ein protestantisches Volk“ handelte. Die katholischen Iren wurden ausgegrenzt und erhielten kaum Möglichkeiten, sich demokratisch am Staat zu beteiligen. Die Grenzen von Wahlkreisen wurden so gezogen, dass bei Wahlen stets britische Protestanten siegten. So war beispielsweise vor 1972 kein einziger Bürgermeister der klar mehrheitlich katholisch-irischen Stadt Derry ein Vertreter der Katholiken.

In den 60er Jahren kam dann vorerst vor allem in den USA das „Civil Rights Movement“ auf. Minderheiten kämpften immer vehementer für Gleichberechtigung und erreichten beachtliche Erfolge. Diese Bewegung war ein wichtiger Beweggrund für die 68er Bewegung und viele davon setzten sich für Minderheiten jeglicher Art ein. So auch für die katholischen Iren in Nordirland.

Auf der einen Seite des Konflikts standen die ultrakonservativen Protestanten, die jede Stärkung der Katholiken als Bedrohung sahen. Auch wenn die Protestanten in Nordirland eine klare Mehrheit stellten, stimmte das eben nicht für die ganze irische Insel. Jeder kleinste Versuch der katholisch-irischen Minderheit in Nordirland, sich mehr Gehör zu verschaffen wurde von den Protestanten zu verhindern versucht – oftmals auch mit Gewalt. Besonders hervor tat sich die protestantische Ulster Volunteer Force (UVF), die angeblich gegen die katholische Irisch Republikanische Armee IRA vorging. Bloss war diese in den 60er Jahren nur noch ein Schatten ihrer selbst.

Die Lage begann zu eskalieren. Auf der einen Seite die UVF, die gerne auch provozierte, auf dern anderen Seite die IRA, die den Anschluss Nordirlands an Irland herbeibomben wollte – und letztlich auch den Kommunismus. Denn so gespalten die IRA auch war, es handelte sich um eine klassisch marxistische Gruppierung.

In Zusammenhang mit den 68er Bewegungen in ganz Europa gingen immer mehr katholische Iren Nordirlands auf die Strasse, um für mehr Mitspracherecht und Gleichberechtigung zu kämpfen. Provokationen von beiden Seiten führten 1969 zur Eskalation. Die Polizei ging mit aller Härte gegen die katholischen Iren vor. Um die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen, wurde sogar die britische Armee aktiviert.

Es folgte ein Bürgerkrieg unter anderem zwischen der proirischen IRA und der britischen Armee. Die katholische IRA erhielt dabei immer stärkere Unterstützung durch die Bevölkerung, weil die britische Armee besonders brutal vorging. So wurden beispielsweise während des „bloody sundays“ Ende Januar 1972 13 Demonstranten von britischen Fallschirmspringern erschossen. Beigelegt wurde der Konflikt erst in den 90er Jahren.

Ohne 68er hätte es also – vielleicht – den Nordirlandkonflikt nicht gegeben. Respektive wäre er vielleicht einfach später ausgelöst worden. Denn letztlich handelt es sich beim Nordirlandkonflikt um einen „klassischen“ Nationenkonflikt – und die benötigen keine 68er, um zu explodieren.

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